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Teures Rosenwasser und feinste Mandelmasse
Ralf Bentlin verwöhnt seine Kunden mit bestem Marzipan.
Ralf Bentlin steht hinter der Ladentheke und tütet ein. Kleine Plastiktütchen füllt er behutsam mit Marzipanstückchen. „Teekonfekt“, wie er sie nennt. Sie sind in Schnecken und Falten gelegt und abgeflämmt, wodurch die Stückchen aussehen wie winzig kleine Plunderstücke vom Bäcker.
Ralf Bentlin ist aber kein Bäcker, sondern Inhaber eines Marzipangeschäfts, das sich auf Königsberger Marzipan spezialisiert hat. Es liegt am westlichsten Ende der Pestalozzistraße, fast am Lietzensee. Es ist eine ruhige Straße, gegenüber ist ein verschlafenes Antiquariat, nebenan ein altes Uhrengeschäft, in dem die Zeit stillzustehen scheint. Auch Marzipan Wald sieht auf den ersten Blick noch immer so aus, wie damals, 1947, als der Laden eröffnete. „Stimmt nicht“, sagt der Inhaber, die Tapeten seien neu. Retro, wie man heute sagt. „Die Glasvitrinen haben jedoch schon einige Jahre auf dem Buckel. Und vor allem natürlich das Handwerk der Marzipanherstellung.“ Mit teurem Rosenwasser wird die Mandelmasse zubereitet, alles wie damals in mühevoller Handarbeit.
„Industriell würde man das nie hinbekommen“, sagt Ralf Bentlin, der sein Marzipan ganz unbescheiden als das beste der Welt bezeichnet. „Wir benutzen nicht so viel Zucker. Da schmeckt man noch richtig die Mandeln raus“, sagt er und lässt ganz beiläufig ein kleines Konfekt über den Tresen wandern. „Dieses hier ist mit Ingwer gefüllt. Aber das gab es damals natürlich noch nicht.“
Dem Geschäft gehe es nicht schlecht, so Bentlin. Es ist fest im Kiez verankert, trotz oder gerade wegen seiner extremen Spezialisierung auf die süße Mandelmasse. „Wir sind das einzige Geschäft in Berlin, das ausschließlich Marzipan anbietet“, sagt Bentlin. Auch das Adlon interessiere sich für die süßen Happen. Loriot sei bis vor zwei Jahren regelmäßig vorbeigekommen. An der Wand hängt ein handgeschriebener Gruß von ihm. Und Harald Juhnke sei Stammgast gewesen. „Der nahm immer die alkoholischen“, sagt Bentlin. Er selbst kommt aus Spandau und führt den Charlottenburger Laden in dritter Generation.
Der Großvater aus Königsberg gründete einst das Geschäft mit seiner Frau. Unten am Tresen hängen noch zwei große Schwarz-Weiß-Bilder des Gründerpaares Wald. „Viele der Kunden kennen das Marzipan noch aus Königsberg oder von den Großeltern, die dort wohnten“, sagt Bentlin. „Das gab es immer zu den Feiertagen.“ In vielen Kunden weckt das Marzipangeschäft alte Erinnerungen. Bentlin bewahrt nicht nur sie, sondern auch das Handwerk. Aber auch Kunden, die viel zu jung sind, um in alten Marzipan-Erinnerungen zu schwelgen, suchen den Laden auf. „Klasse setzt sich durch“, sagt Ralf Bentlin stolz.
Quelle: Tip-Berlin (Link)
Datum: 23.April 2011
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